Handelnde Personen
Doktor
Anton
Johanna
Marina
Mann
Das Alter der Personen hat keine entscheidende Bedeutung.
Gut möglich, dass sie um die Vierzig sind, der Doktor und der Mann auch etwas älter.
Erster Akt
Reich ausgestattetes Behandlungszimmer eines Arztes, das mehr an ein geschmackvolles Wohnzimmer erinnert, als an einen sterilen ärztlichen Raum. In einem bequemen Sessel, am Schreibtisch, hat sich der Doktor niedergelassen – ein gut gekleideter entspannter Mann in den besten Jahren, sehr selbstsicher. Ein Besucher tritt ein.
BESUCHER: Herr Doktor, ich leide an Gedächtnisverlust.
DOKTOR: Seit wann?
BESUCHER: Was heißt „seit wann“?
DOKTOR: Seit wann leiden Sie an Gedächtnisverlust?
BESUCHER: (Überlegt gequält.) Ich erinnere mich nicht.
DOKTOR: Gut. Das heißt, das ist sehr schlecht. Aber alles ist behebbar. Hauptsache, dass Sie zum richtigen Arzt gekommen sind. Zu dem, der Sie heilt. Ärzte, die heilen, gibt es nicht so viele. Und solche, die vollkommen auskurieren gibt es überhaupt nicht. Lassen Sie uns zuerst, wie das so üblich ist, Ihre Krankengeschichte erfassen. (Beginnt, Daten in den PC einzugeben.) Also, Sie leiden an Gedächtnisverlust.
BESUCHER: Woher wissen Sie das?
DOKTOR: Sie haben es mir doch gerade selbst gesagt.
BESUCHER: Ja? Sehr schade. Eigentlich verberge ich das, damit ich keine Unannehmlich-keiten bekomme.
DOKTOR: Keine Sorge, das bleibt unter uns. Ärztliches Geheimnis. Ihr Name?
BESUCHER: Mein Name? (Überlegt gequält.) Den habe ich vergessen.
DOKTOR: (Beruhigend.) Regen Sie sich nicht auf, das ist nicht schlimm. Haben Sie einen Pass oder einen anderen Ausweis bei sich?
BESUCHER: Ja, natürlich. (Kramt in seinen Taschen.) Entschuldigen Sie, Doktor, ich fürchte, ich habe ihn zuhause gelassen.
DOKTOR: Ehrlich gesagt, Sie bereiten mir einige Probleme.
BESUCHER: Ich weiß selbst nicht, wie das passiert ist. Ich erinnere mich, dass der Name sehr verbreitet ist.
DOKTOR: Versuchen wir, uns zu erinnern. Vielleicht Martin?
BESUCHER: (Unsicher.) Vielleicht.
DOKTOR: Oder Peter?
BESUCHER: Ich weiß nicht.
DOKTOR: Und an den Familiennamen erinnern Sie sich auch nicht?
BESUCHER: Und an den Familiennamen erinnere ich mich auch nicht. Aber regen Sie sich nicht auf. Ich muss einen Zettel bei mir haben, mit meinem Namen und der Adresse. Meine Frau steckt mir immer diesen Zettel in die Tasche, wenn ich aus dem Haus gehe. Für alle Fälle.