[13]. So rasch als möglich setzte ich meinen Weg wieder fort. Ich sah mich kein einziges Mal nach ihr um. Nicht eigentlich aus Rücksicht, aus Gehorsam, aus Ritterlichkeit. Sondern darum, weil ich unter ihrem letzten Blick eine solche Bewegung verspürt habe. Ich habe mich eben ohnmächtig gefühlt.» Und er schwieg.
«Und wie oft», fragte Albertine, «bist du nachher noch denselben Weg gegangen?»
«Was ich dir erzählt habe», antwortete Fridolin, «geschah zufällig am letzten Tag unseres Aufenthalts in Dänemark. Auch ich weiß nicht, was unter anderen Umständen geschehen konnte. Frag, auch du nicht weiter, Albertine.»
Er stand immer noch am Fenster, unbeweglich. Albertine erhob sich. Sie trat auf ihn zu. Ihr Auge war feucht und dunkel. «Wir wollen einander solche Dinge künftighin immer gleich erzählen», sagte sie.
Er nickte stumm. «Versprich‘s mir.»
«Weißt du das nicht?» fragte er; aber seine Stimme klang immer noch hart.
Sie nahm seine Hände, streichelte sie und sah zu ihm auf. Er versuchte ihre Gedanken zu lesen. Jetzt dachte sie über seine Jünglingserlebnisse nach. Sie war in manchen eingeweiht. Er hat ihr den ersten Ehejahren Manches verraten. Da gab er ihrer eifersüchtigen Neugier willig nach. Es schien ihm, dass er für sich behalten wollte. In dieser Stunde drängte sich manche Erinnerung ihr mit Notwendigkeit auf. Wie ein Vorwurf, wie eine leise Drohung klang er ihm entgegen.
Er zog ihre Hände an seine Lippen.
«In jedem Wesen habe ich immer nur dich gesucht, das ich zu lieben meinte. Das weiß ich besser, als du es verstehen kannst[14], Albertine.»
Sie lächelte trüb. «Und wenn es auch mir beliebt war, zuerst auf die Suche zu gehen?» sagte sie. Ihr Blick veränderte sich, wurde kühl. Er ließ ihre Hände aus den seinen gleiten. Aber sie sagte: «Ach, wenn ihr wusstet», und wieder schwieg sie.
«Wenn wir wussten —? Was willst du sagen?»
Mit seltsamer Härte antwortete sie: «Ungefähr, was du dir denkst, mein Lieber.»
«Albertine, so gibt es etwas, was du mir verschwiegen hast?»
Sie nickte und blickte mit einem sonderbaren Lächeln.
Unfaßbare Zweifel wachten in ihm auf.
«Ich verstehe nicht recht», sagte er. «Du warst kaum siebzehn, als wir uns verlobten.»
«Sechzehn vorbei, ja, Fridolin. Und es lag nicht an mir, dass ich noch jungfräulich deine Gattin wurde.»